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Vlach-Roma

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Komentar  Admin Sun Mar 30, 2008 4:01 pm

http://romani.uni-graz.at/rombase/cgi-bin/art.cgi?src=data/hist/modern/vlach.de.xml

Geschichte der Vlach-Roma

Als Vlach-Roma bezeichnet man jene Gruppen, deren Romani-Varianten eine starke walachische d.h. rumänische Prägung aufweisen. Zurückzuführen ist diese sprachliche Beeinflussung auf die jahrhundertlange Leibeigenschaft und Versklavung der Roma in den Fürstentümern Moldau und Walachei, die zusammen mit Transsilvanien das Kerngebiet des heutigen Rumänien bilden. Zu den bekanntesten Vertretern der Vlach-Roma, die heute weltweit verbreitet sind, gehören die Kalderaš (Kesselschmiede, Kupferschmiede) und die Lovara (Pferdehändler). [ Subgruppen der Roma]

Die ersten Roma-Gruppen kamen Mitte des 14. Jahrhunderts, angezogen vom damaligen Reichtum der rumänischen Fürstentümer, aus Kleinasien in die Fürstentümer Moldau und Walachei. Ian Hancock zufolge datiert die erste urkundliche Erwähnung auf die Jahre der Regentschaft Rudolfs IV und Stefan Dushans (1331-1355). Als Anbieter von Nischenberufen galten sie vorerst als wirtschaftlich begehrte Gruppe, wenngleich sie bereits auf der untersten Stufe der sozialen Hierarchie standen. Die Eroberung der Fürstentümer durch die Osmanen veränderte die wirtschaftliche und politische Lage jedoch schlagartig. Die nunmehr tributpflichtig gewordenen Fürsten und Klöster belegten die noch freien Bauern mit immer höheren Steuern und zwangen sie somit in eine immer größere ökonomische Abhängigkeit, die schließlich in Schuldknechtschaft und Leibeigenschaft endete. Unter Leibeigenschaft versteht man die persönliche und wirtschaftliche Abhängigkeit eines Leibeigenen von seinem Grundherren. Leibeigene waren ohne Besitz an Land und Hof, ihren Herren zu Diensten verpflichtet und an dessen Besitz gebunden.

Für die Roma war eine besondere Rolle vorgesehen: Bis auf wenige Ausnahmen wurden jene Roma, die nicht in Leibeigenschaft gerieten, zu "robi" (Unfreien bzw. Sklaven) erklärt. "Robi" waren nicht an Grund und Boden, sondern ausschließlich an die Person des Grundbesitzers gebunden. Sklaven waren Eigentum ihrer Herren. Hinzugefügt werden muss, dass die Sklaverei in der Walachei bereits Ende des 14. Jahrhunderts eingeführt wurde. Das 1359 gegründete Fürstentum Moldau, das auch die Bukowina und Bessarabien umfasste, wurde, 120 Jahre später als die Walachei, 1513 dem Osmanischen Reich gegenüber tributpflichtig. Ab diesem Zeitpunkt bedienten sich die Herrscher derselben Praxis wie in der Walachei. Im ungarischen, von 1542 bis 1699 autonomen (unter türkischer Oberhoheit) und ab 1699 österreich-ungarischen Fürstentum Transsilvanien erreichte die Leibeigenschaft bzw. Versklavung nie diese Ausprägung und wurde Ende des 17. Jahrhunderts ganz abgeschafft. [Ankunft in Europa]

Nach ihren jeweiligen Dienstherren unterschied man drei Gruppen von Roma-Sklaven:

"Þigani" bzw. "Robi domneºti" ("Zigeuner bzw. Unfreie der Krone")
"Þigani" bzw. "Robi boiereºti" ("Zigeuner bzw. Unfreie der Bojaren bzw. Großgrundbesitzer")
"Þigani" bzw. "Robi manaºtiresti" ("Zigeuner bzw. Unfreie der Klöster")
Die unterschiedlichen Bedingungen der Sklaverei bzw. Leibeigenschaft, mit denen die jeweiligen Gruppen konfrontiert waren, veränderten die homogene Soziostruktur der Roma. Während die "Þigani" bzw. "Robi domneºti" als wandergewerbetreibende Handwerker (Kalderaš, Lingurari, Aurari [Goldgräber bzw. -wascher]) noch ein gewisses Maß an persönlicher Freiheit für sich in Anspruch nehmen konnten, was dazu führte, dass sie ihre Kultur und Sprache weitgehend bewahren konnten, waren die "Þigani" bzw. "Robi boiereºti", "Þigani" bzw. "Robi manaºtiresti" als Hausangestellte oder Landarbeiter zur Sesshaftigkeit gezwungen und somit am stärksten der Willkür ihrer Besitzer ausgeliefert. Sie wurden auch als "Þigani vatraºii" ("Gemeinde-Zigeuner") bezeichnet und konnten, aufgrund ihrer permanenten "Verfügbarkeit", nach Belieben ausgesondert, bestraft und verkauft werden. Dem rumänischen Schriftsteller Mihail Kogalniceanu zufolge stellten sie die größte Gruppe der insgesamt ca. 200.000 Roma-Sklaven dar.

Alle Roma-Gruppen waren jedoch gleichermaßen Opfer einer Herrschaftsform, die ihnen ihre Menschenrechte nicht nur einschränkte, sondern gänzlich entzog. Man sprach "den dunkelhäutigen Fremden" das Menschsein ab: Roma wurden als "minderwertige Kreaturen" betrachtet, die "Sklaven werden wollten, weil sie das erhob, zwar nicht auf die Stufe des Menschen, aber doch auf die gleiche Ebene mit guten, arbeitenden Haustieren".

Zum einen schufen Rassismen dieser Art die Legitimation für die totale Verknechtung hunderttausender Menschen. Andererseits war das Bürgerrecht in den rumänischen Fürstentümern an Landbesitz gekoppelt; betroffen davon waren sowohl landlose Bauern als auch Roma.

Die Begriffe "Þigani" und "Robi" waren austauschbar, sie bezeichneten eine bestimmte soziale Klasse. Roma waren von Geburt an Sklaven, es war ihnen untersagt, Verbindungen mit "freien" Personen einzugehen, und Eheschließungen zwischen den Sklaven durften nur dann erfolgen, wenn eine Bewilligung des jeweiligen Besitzers vorlag. Das Spektrum körperlicher Gewalt reichte von der Prügelstrafe über Folter bis zur Todesstrafe. Mihail Kogalniceanu war in seiner Kindheit und Jugend Zeuge der Lebensbedingungen der in Sklaverei lebenden Roma.

Kogalniceanu war es auch, der einen wesentlichen Beitrag zur Aufhebung der Sklaverei und Leibeigenschaft in den Fürstentümern Moldau und Walachei leistete. Er rief 1844 eine Kampagne zur Befreiung sämtlicher Roma ins Leben und veröffentlichte im gleichen Jahr den Artikel "Desrobirea Þiganilor" ("Die Befreiung der Zigeuner"). Die veränderten politischen Rahmenbedingungen kamen seiner Forderung zu Hilfe. Im "Frieden von Adrianopel" 1829 zwischen der Türkei und Russland wurden die rumänischen Fürstentümer der russischen Oberhoheit unterstellt. Während sich der türkische Einfluss zunehmend verringerte, ließen sich immer mehr rumänische Intellektuelle von den Errungenschaften der Französischen Revolution inspirieren. Die Idee der Menschenrechte hielt Einzug in die Alltagspolitik und ließ ein politisches Klima entstehen, das die Voraussetzungen für die Aufhebung der Sklaverei schuf.

Als erster Schritt wurde das direkte Ausbeutungssystem durch ein Arbeitsvertragsystem mit Lohnarbeit ersetzt. 1844 wurden jene Roma in die Freiheit entlassen, die der Kirche oder dem Staat unterstanden. Vier Jahre später beschloss die provisorische Regierung die Freilassung aller Roma. Es benötigte jedoch noch weitere 12 Jahre, bis die Bojaren (Großgrundbesitzer) diesem Gesetz ihre Zustimmung gaben. 1856 konnten die ein halbes Jahrtausend währende Sklaverei und Leibeigenschaft endgültig für beendet erklärt werden.

"Die zweite große Wanderung"
Tausende Roma nützten die neu gewonnene Freiheit, die rumänischen Fürstentümer auf schnellstem Wege zu verlassen. Eine Migrationbewegung, die als die "zweite große Wanderung" bezeichnet wird, war die Folge. Sie fand nicht in Form einer Massenwanderung statt, sondern in kleineren, beweglicheren Gruppen, die jeweils zu einer Sippe (vitsa bzw. tserha) oder Wirtschaftsgemeinschaft (kumpania) gehörten. [Traditionelle Sozialstruktur] Auf der Suche nach einträglichen Lebensbedingungen, verbreiteten sich die Vlach-Roma nicht nur über den gesamten europäischen Kontinent, sondern zogen bis nach Nord- und Südamerika, Südafrika und Australien. Einigen Roma-Gruppen dürfte es auch gelungen sein, den rumänischen Raum bereits vor Aufhebung der Sklaverei verlassen zu haben.

Hinzugefügt werden sollte, dass die vielfach kolportierte Zahl von 200.000 Roma-Migranten eindeutig zu hoch gegriffen ist. Sie beruht vermutlich auf der Annahme, die Roma hätten lediglich aufgrund der Sklaverei ihrem "angeborenen Wandertrieb" nicht Folge leisten können. Welche politische Dimension und Kontinuität dieser Mythos in sich birgt, wurde in der medialen und parteipolitischen Diskussion nach der Beendigung des Ceaucescu-Regimes offenkundig. Problemlos konnte die Gefahr einer neuen "Zigeunerinvasion" propagiert und politisch instrumentalisiert werden.

Trotz der Aufhebung der Leibeigenschaft und Sklaverei blieben ökonomische Abhängigkeiten bestehen. Sie erhöhten sich sogar insofern, als Roma 1856 steuerpflichtig wurden. Genaue Zahlen sind nicht eruierbar, Berichte weisen jedoch darauf hin, dass ein Großteil der im damaligen Rumänien lebenden Roma weiterhin an ihre ehemaligen Besitzer und nunmehrigen Arbeitgeber gebunden waren.
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