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Sechs Jahrhunderte in Deutschland

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Komentar  Admin Sun Mar 30, 2008 11:50 pm

Die "Kelderascha" waren die Kesselschmiede (vom rumänischen Wort für "Kessel" - "celdera"), die "Tschurari" waren die Messerschleifer (von "tschuri" - in der Sprache der Roma "Messer"), die "Lovara" waren die Pferdeführer (vom ungarischen Wort für Pferd - "lov-"), und so weiter. Manche dieser Bezeichnungen existieren bis heute als Stammesnamen, obwohl die Stämme ihre traditionellen Berufe schon längst aufgegeben haben

Das Wort Zigeuner:
Ist eine alttürkische Bezeichnung "tschigan": "Arme Leute", "Habenichts". Daraus wurde in den europäischen Sprachen "tsigan", auf Deutsch: "Zigeuner".

Das Wort Gypsie,
wurde durch die Identifizierung, einiger Roma mit den Mameluken nach Europa getragen

Erinnern wir uns:
Das während des Mittelalters die Mameluken, ein Sklavenstaat, in Ägypten herrschten, und Roma sich in der Geschichtsschreibung auch Ägypter nannten.
Ein Beispiel für so eine Gruppe sind die „Egpytians“ Roma in Kosovo, die sich auch heute noch Ägypter nennen.

Die Roma galten also in den Balkanländern als Eigentum. Sie konnten weder ihren Wohnort noch ihren Beruf frei wählen, sie genossen keine Bildung und wurden auf den Sklavenmärkten von Händlern wie Ware verkauft. Flüchten konnten sie. Wenn überhaupt, nur in eine Richtung: in den Westen, wo ihre Identität noch unbekannt war und wo niemand sie an ihre Unterjocher ausliefern würde


Die ersten Zigeuner sind um die Wende des 14. zum 15. Jahrhundert in das deutsche Sprachgebiet eingewandert. Nach verschiedenen historischen Quellen tauchten sie 1399 zum ersten Mal in Böhmen auf, schon 1407 sollen sie der Stadtschreiberei zu Hildesheim ihre Papiere vorgewiesen haben, 1414 wanderten sie nach Hessen ein. 1416 nach Meißen, 1417 nach Zürich, Magdeburg und Lübeck, 1418 ist ihre Ankunft in Sachsen und im Elsass verbürgt. Die Herkunft der Zigeuner aus Indien ist heute ebenso wenig umstritten wie die der Juden aus dem Nahen Osten, obwohl zunächst Jahrhunderte lang über ihr Herkommen gerätselt wurde und sie lange Zeit als Ägypter
galten, die wegen ihres christlichen Glaubens vertrieben worden seien. Linguisten und Historiker gehen heute davon aus, dass die Zigeuner um die erste Jahrtausendwende, möglicherweise aber auch schon in der Zeit nach dem 5. Jahrhundert, ihre nordwestindische Heimat in verschiedenen Migrationswellen verlassen haben.

Wie das jüdische Volk leben auch die Zigeuner heute über die ganze Welt verstreut. Ihr Sprache Romanes, die bereits auf dem Wege nach Europa zahlreiche griechische und armenische Lehnwörter in sich aufgenommen hat und die in verschiedensten Dialekten gesprochen wird, ist mit dem Sanskrit verwandt. Das Romanes hat in den Sprachgebieten, in denen seine Sprecher ansässig geworden sind, jeweils zahlreiche Wörter und Begriffe der Landessprachen aufgenommen. Die vor fast sechs Jahrhunderten in Deutschland und Osterreich und die angrenzenden Regionen (Norditalien, Slowenien. Böhmen, Elsass, Lothringen) eingewanderten Zigeuner bezeichnen sich selbst als Sinti. Es gibt Theorien, die diese Bezeichnung auf das heute in Pakistan gelegene Land Sindh zurückfuhren, sodass sich z. B ein bekannter deutscher Sinti- Verband, die Freiburger "Sindhi-Union", heute an dieser Schreibweise orientiert. Erst im Vergangenen der Weimarer Republik und seit 1945 sind Zigeuner aus Ost- und Südeuropa, die sich wie eine große Mehrheit der europäischen Zigeuner Roma nennen, nach Deutschland eingewandert oder geflüchtet. Die internationale Bürgerrechtsbewegung der Zigeuner benutzt heute den Begriff Roma (Romanes, für Mensch / Mann) für alle Zigeuner überhaupt, während sich in der Bundesrepublik seit 1979 weitgehend die Bezeichnung "Sinti und Roma" durchgesetzt hat.

Während, überwiegende Teile der Roma- Bevölkerung des europäischen Südostens, wo etwa drei Viertel der europäischen Zigeuner leben, seit Jahrhunderten fest ansässig waren, haben die mitteleuropäischen Sinti überwiegend als Fahrende - in der Regel auf jeweils eine Region beschränkt, gelebt. Größere Gruppen von ihnen siedelten sich erst aufgrund, der seit Gründung des Bismarckreiches ständig zunehmenden Behinderung und Verfolgung der fahrenden Lebensweise durch den „modernen" Staat, in festen Wohnquartieren der Städte an.

Die ersten achtzig Jahre des Aufenthalts der Sinti in Deutschland gelten als ihr „goldenes Zeitalter". Mit Schutzbriefen u. a. des deutsch römischen Kaisers Siegesmund zogen sie meist unbehelligt durch deutsche Länder; ihre Exotik erregte Bewunderung und Erstaunen. An vielen Orten genossen sie die Gastfreundschaft der ansässigen Bevölkerung.

Den Auftakt zur Verfolgung der Sinti in Deutschland soll Brandenburgs Kurfürst Achilles, der 1482 den Aufenthalt von Sinti in seinem Land verbot, gegeben haben. Mit den Reichstagen von Lindau und Freiburg (1496, 1497 und 1498) folgte auch das deutsche Reich diesem Beispiel, hob den Schutzbrief Siegesmunds auf und erklärte alle Roma für vogelfrei. Jedermann konnte sie jagen, auspeitschen, einsperren oder töten. Kaiser Ferdinand (1556-1564) "milderte" die Zigeunergesetze insofern, als jetzt wenigstens Frauen und Kinder nicht mehr sofort hingerichtet werden sollten.
Dank der deutschen Kleinstaaterei kam es nicht überall zu einer konsequenten Anwendung dieser Reichsgesetze. Roma konnten in Deutschland überleben, indem sie in einen anderen Teilstaat auswichen. Jedoch organisierten viele der deutschen Staaten individuell ihren Kampf gegen das so genannte „Zigeunergesindel". Allein für die Zeit zwischen 1497 und 1774 wurden 146 Zigeuneredikte nachgewiesen. Erst die Wirren des Dreißigjährigen Krieges lenkten von der Zigeunerverfolgung ab.
Im 17. und 18. Jahrhundert wurde die Verfolgung wieder unvermindert fortgesetzt. Roma sollten gebrandmarkt, aus dem Lande verwiesen oder mit dem Tode bestraft werden. Friedrich Wilhelm I. von Preußen z. B. ordnete 1725 an, sie ohne Gerichtsverfahren zu hängen; allein die braune Hautfarbe sollte als Beweis genügen. Die Kreis Versammlung des oberrheinischen Reichskreises verfügte 1709 das Deportieren oder Hängen jedes festgenommenen Roma, und die Stadt Frankfurt/ Main erlaubte in einem Erlass die Wegnahme von Romakindern.

Seuchen (Pest), Hungersnöte. Feuersbrünste geheimnisvolle Morde, unheilbare Krankheiten usw. wurden den Fremden, den als Nichtchristen verdächtigten Personen zur Last gelegt ... So wurde der mittelalterliche Roma zum Schuldigen abgestempelt und grausam verfolgt; die dunkle Hautfarbe und eine unverständliche Sprache machten Sie zu Fremden und Verfolgten. Die Roma hätten Pest und Cholera übertragen, wären für die Rattenplage verantwortlich, wären jüdisch versippt, raubten Kinder und übten Kannibalismus. Sie besäßen eine freizügige oder verwahrloste Moral und spionierten als Landesfeinde für Türken oder Tataren. Dieses waren die gängigen Vorurteile, die sich erschreckender Weise bis heute im groben Erhalten haben.

Polizeiliche und kirchliche Machtträger warfen Juden und Roma seit dem Mittelalter dieselben Delikte vor: Abkehr vorn Christentum, Hexerei, Betrug und Diebstahl zählten zu ihren angeblichen Verbrechen.

Wenigstens im ausgehenden 18. und beginnenden 19. Jahrhundert wurde die physische Existenz der Sinti als „Parias" geduldet. Während ihres jeweils kurzfristigen Erscheinens in Dörfern und Städten verdienten sie sich ihren Lebensunterhalt z. B. als Löffelschnitzer, Scherenschleifer, Kesselflicker, Pantoffelmacher, Korbflechter und Musikanten. In verschiedenen deutschen Staaten wurden Ansiedlungsversuche unternommen, deren Scheitern, aber meist mit der Inhumanität des jeweiligen Ansatzes bereits vorprogrammiert war. In Württemberg wurden Großfamilien gewaltsam aufgelöst und in Einzelfamilien über
das ganze Land verteilt.

Als die voneinander getrennten Familien zusammenziehen wollten, wurden sie in der Regel von den Amtspflegern zum Weiterziehen gezwungen. Die Maßnahmen Maria Theresias und Josephs II. betrafen in Österreich-Ungarn mit dem deutschsprachigen Westungarn (seit 1918 Burgenland) nur den Rand des deutschen Sprachgebiets. Die dort ansässigen Roma •wurden mit drakonischen Mitteln z.T. „erfolgreich"' zur Sesshaftigkeit gezwungen, darunter dem Verbot des Romanes, dem Zwang zur Mischehe mit Nichtroma und der Wegnahme von Kindern.

Erst die Gründung des deutschen Reiches 1871 erlaubte die langfristige Koordinierung der antiziganistischen Repressionen, die erstaunlicherweise noch in der Weimarer Republik perfektioniert wurden und somit dem NS- Staat eine Plattform für die dem Völkermord vorangehende Erfassung der deutschen Sinti und Roma schufen. Bereits im Jahre 1871 wies das großherzogliche Innenministerium Hessens mit Berufung auf das Berliner Reichskanzleramt die Kreisämter an, eingewanderten Roma die Ausstellung von Gewerbescheinen zu versagen und bei Heimatberechtigten Sinti mit größter Vorsicht vorzugehen. Im benachbarten Österreich wird 1885 bei der „Verurteilung wegen Vagabundage" die Anhaltung zur Zwangsarbeit erlaubt. 1896 ordnete das deutsche Reichskanzleramt an, keine Wandergewerbescheine an Sinti und Roma mehr auszugeben. In der preußischen "Anweisung zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens" vom 12. Februar 1902 wird diese Maßnahme wiederum vornehmlich auf die Roma- Einwanderer beschränkt; 1886 hatte man bereits den Zwangstransport für „Zigeuner ohne deutsche Staatsangehörigkeit" zur Staatsgrenze eingeführt. Das am 1.Januar 1900 angenommene Reichsgesetz zur "Zwangserziehung Minderjähriger" fand vor allem auch für Kinder von Sinti- und Romafamilien Anwendung. Als Vorstufe moderner Datenbanken wurden 1899 in deutschen Ländern Zigeuner-Nachrichtendienste eingerichtet, deren Perfektester im Königreich Bayern bereits 1904 schon 3350 Akten über Familien und Einzelpersonen enthielt. Im Auftrag des bayrischen Innenministeriums gab der Kriminalrat Alfred Dillmann 1905 Richtlinien zur so genannten. „Beseitigung der Zigeunerplage" heraus als Zusammenfassung aller entsprechenden Verordnungen von 1816 bis 1903. Sein Münchner „Nachrichtendienst im Bezug auf die Zigeuner" avancierte zum Zentrum der deutschen „Zigeunerbekämpfung', verschärfte die Kriminalisierung dieser Volksgruppe und wurde zum Vorläufer der späteren Zigeunerpolizeistelle München (Weimarer Republik) und der sie ablösenden „Reichszentrale zur Bekämpfung des Zigeunerunwesens" in Himmlers Reichssicherheitshauptamt in Berlin (seit 1938).

ln den ersten drei Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts ließ sich daher eine wachsende Anzahl von Sinti- und Romafamilien auf der Flucht vor Repressionen und wegen der sich verschlechternden Arbeitsbedingungen in Handel und Kleingewerbe in deutschen Großstädten nieder.

Im April 1926 kam die "Ländervereinbarung zur gemeinsamen und gleichzeitigen Bekämpfung der Zigeuner im deutschen Reich" zustande; am 16. Juli 1926 wurde in München das Gesetz zur Bekämpfung von Zigeunern, Landfahrern und Arbeitsscheuen" erlassen, und im November 1927 wurde vom preußischen Innenministerium die Daktyloskopierung (Entnahme der Fingerabdrücke) aller Sinti und Roma verordnet. Somit erließ bereits die erste deutsche Republik Ausnahme Verordnungen gegen eine ethnische Gruppe, Maßnahmen, die mit der Weimarer Verfassung nicht zu vereinbaren waren.
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