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(Kalderaš, Lingurari, Aurari [Goldgräber bzw. -wascher])

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Komentar  Admin Sun Mar 30, 2008 4:07 pm

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Kalderaš Lingurari
Kupferschmiede und Kesselflicker [/b]

Der Romani-Begriff für Kupfer- bzw. Kesselschmied ist kakavjári (kakaví – Griechisch: "Kessel"). Da auch die meisten anderen Begriffe zu Metall verarbeitenden Gewerben aus dem Griechischen, Armenischen oder Persischen stammen, ist anzunehmen, dass sich das Schmiedehandwerk erst im Laufe der Migration zu einem der bedeutendsten Berufe der Roma entwickelt hat. Kupfer- und Kesselschmiede gab und gibt es in vielen Roma-Gruppen; die bekanntesten Vertreter sind die Kalderaš.

Ihre Vorfahren lebten ein halbes Jahrtausend als Sklaven und Leibeigene in den Gebieten des heutigen Rumäniens. Nach der Aufhebung der Sklaverei 1856 verließen viele Kalderaš die damaligen Fürstentümer und zogen westwärts. Sie sind heute weltweit verbreitet. [Vlach-Roma]

Kalderaš gehören zu den traditionsbewusstesten Roma-Gruppen; die Familien- und Sozialstrukturen sowie ein grenzüberschreitender Gruppenkontakt sind nach wie vor intakt. Aufgrund dieser Faktoren sind Kalderaš von Assimilation und drohendem Kulturverlust weit weniger betroffen als viele andere Roma-Gruppen. Der ausgeprägte Gruppenzusammenhalt und ein weit verzweigtes Sozialnetz bewirken eine relativ große Unabhängigkeit gegenüber wirtschaftlichen und sozialen Negativentwicklungen in den jeweiligen Ländern und verringern die Gefahr zu verarmen beträchtlich.

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Dragan Jevremoviæ bei der Bearbeitung eines Kupferkessels (Wien), 2003
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Von Dragan Jevremoviæ hergestellte Gegenstände aus Kupfer und Messing (Wien), 2003

Die Gruppen- und Berufsbezeichnung Kalderaš leitet sich vom rumänischen cãldare (Kessel) ab. Bis vor wenigen Jahrzehnten war der Großteil der Kalderaš als wandernde Kupferschmiede und Kesselflicker tätig. Das Handwerk wurde zumeist in Form einer Wirtschaftsgemeinschaft (kumpania) ausgeübt und von einer Generation auf die nächste weitergegeben. Mit Ausnahme von Rumänien, wo auch heute noch einige Roma-Gemeinschaften in dieser Branche arbeiten, waren die Kalderaš in den letzten Jahrzehnten gezwungen, ihren traditionellen Beruf aufzugeben und in verwandte Berufssparten zu wechseln. Industriell erzeugte Massenware ersetzte zunehmend die wesentlich teureren Handwerksprodukte und ließ das Kupferschmiedgewerbe und die Reparatur von Töpfen und Kesseln unrentabel werden. Auch die Zwangsassimilierungspolitik in den ehemals kommunistischen Staaten Osteuropas trug dazu bei, dass viele Kalderaš ihre Arbeit verloren.

Früher erfüllten die Kupferschmiede und Kesselflicker eine wichtige Funktion im dörflichen Wirtschaftsleben. Nicht-Roma waren darauf angewiesen, dass Roma mehrmals im Jahr vorbeikamen, um löchrige Töpfe zu reparieren und Kessel herzustellen. Kupferkessel wurden vor allem als Kochgeschirr, aber auch als große Destilliergeräte (kazanura) zum Schnapsbrennen benötigt. Die Hauptarbeit aber bestand darin, löchrige Kessel zu flicken, abgenützte Böden aufzudoppeln und die Innenwände der Töpfe neu zu verzinnen.

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Kupferschmied bei der Arbeit (Choisy le Roi [Frankreich]), 1911

Die Kalderaš fuhren in der warmen Jahreszeit mit ihren Pferdewägen von einem Ort zum nächsten und blieben mehrere Tage lang. Zumeist wurden Zelte zum Schlafen errichtet; gekocht, gegessen und gearbeitet wurde vor dem Zelt. Die Frauen und Mädchen suchten alle Bewohner des Dorfes auf und fragten nach reparaturbedürftigen Kesseln und Töpfen. Das eingesammelte Kochgeschirr brachten sie zum Lagerplatz. Nachdem es von den Männern wieder in Stand gesetzt worden war, trugen die Frauen es zu ihren Besitzern zurück und handelten den Preis aus, der oft in Naturalien beglichen wurde.

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Romni bietet verzinkte Kochkessel auf dem Wochenmarkt von Prizren an (Kosovo [Jugoslawien]), 1982

Besonders lukrativ, aber heikel war die Herstellung eines neues Kessels. Um das teure Rohmaterial nicht zu verschwenden, durften sich die Schmiede keinen Fehler erlauben. Entscheidend für das Gelingen eines Kupferkessels war das exakte Zusammenspiel aller an der Arbeit beteiligten Personen. Im Unterschied zum Warmschmieden können Kupferbleche aufgrund ihrer großen Dehnbarkeit mit speziellen Treibehämmern kalt in die gewünschte Form getrieben (geformt) werden. Die Kalderaš waren Spezialisten in der Technik des Treibens und trugen wesentlich zur Verbreitung dieser kunstvollen Kaltschmiedetechnik in Europa bei.

Der fertige Kessel wurde über der glühenden Holzkohle erwärmt und innen verzinnt. Die Temperatur der Holzkohle musste dabei mithilfe des Blasebalgs (pišot) exakt geregelt werden. War die Temperatur zu niedrig, ging das Zinn mit dem Kupfer keine Verbindung ein, war sie zu hoch, schmolz der Kessel. An den Außenwänden (prašav [Rippe]) und dem Rand (krlo [Hals]) wurden je nach Bedarf Henkel (vastari – abgeleitet von vas [Hand]) mit oder ohne Verzierungen (zlag [Ohrring]) angebracht.

Der Kalderaš-Rom und Obmann des Wiener Roma-Vereins Romano Centro Dragan Jevremoviæ ist einer der wenigen österreichischen Kalderaš, die die traditionellen Handwerkstechniken noch beherrschen. Er lernte den Beruf von seinem Vater und arbeitete bis zu Beginn der 70er Jahre als Kupferschmied und Kesselflicker im damaligen Jugoslawien. Bis vor wenigen Jahren stellte Dragan Jevremoviæ Gebrauchsgegenstände wie Türschilder und Blumenvasen, aber auch Kunstgegenstände wie geschmiedete Geigen und Hüte her.


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Komentar  Admin Sun Mar 30, 2008 4:11 pm

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Kalderaš Geschichte

Kalderaš sind die wohl am weitesten verbreitete Roma-Gruppe. Ihre Vorfahren sind nach Verlassen des kleinasiatischen Raumes zunächst nach Moldawien/Walachei gewandert. Der allgemeinen Lehrmeinung zufolge verließ die Mehrzahl der Vlach-Roma den rumänischen Raum erst nach Aufhebung der Sklaverei 1855/56 und wanderte nach Westen. Es existieren aber unter den heute in Österreich ansässigen Kalderaš keine Überlieferungen über Vorfahren in Rumänien. Es müssten zumindest die Großeltern der nach Österreich eingewanderten Generation Erinnerungen ihrer noch in Rumänien geborenen Großeltern weitergeben können, was jedoch nicht der Fall ist; soweit die Überlieferung zurückreicht, ist nur von Vorfahren in serbischen Siedlungsgebieten die Rede. Es scheint, dass schon vor Aufhebung der Sklaverei 1855/56 Vlach-Roma in größerer Zahl den rumänischen Raum verlassen haben. Kalderaš leben heute in vielen Ländern der Welt: in Europa besonders in Schweden, Frankreich, Belgien, Russland, Polen, Rumänien, Serbien; die Literatur über diese Gruppe ist in den meisten Ländern sehr umfangreich.

Im Rahmen der Arbeitsmigration sind Kalderaš ab den sechziger Jahren als so genannte "Gastarbeiter" aus Serbien nach Österreich gekommen. Die Einwanderung erfolgt nach dem üblichen Muster der Arbeitsmigration: Anfangs kommen Männer, die aufgrund des gruppenspezifischen Handwerks – Kesselflicker, Kupferschmiede – hauptsächlich in der (Bau-) Metallbranche Arbeit finden und vorhaben, wieder nach Serbien zurückzukehren, nachdem sie ausreichend Geld verdient haben. Aufgrund des länger als ursprünglich geplanten Aufenthalts folgen dann auch die Familien: erst die Frauen, dann die Kinder und z.T. auch deren Großeltern sowie weitere Verwandte bzw. Mitglieder der Großfamilie. Dadurch verlagert sich der Lebensmittelpunkt einer ganzen Sippe von Serbien nach Österreich in den Großraum Wien.

Gegenwärtige Situation
Die Kinder wachsen in Österreich auf und besuchen österreichische Schulen. Die Bindung an Serbien nimmt mit dem Alter ab, die in Österreich Aufgewachsenen haben, wenn überhaupt, nur mehr eine indirekte, aufgrund der ursprünglichen Herkunft von Eltern bzw. Großeltern gestiftete Beziehung zu deren Emigrationsland. Zumindest die Mitglieder der jüngeren Generation sind heute österreichische Staatsbürger.

Sozial gesehen sind die österreichischen Kalderaš etabliert; d.h. sie haben zumindest den gleichen Lebensstandard wie die anderen als Gastarbeiter in den 60er Jahren vom Balkan gekommenen heutigen Österreicher. Aufgrund ihres traditionellen Handwerks – Kalderaš = Kesselflicker – haben viele Männer Metall ver- oder bearbeitende Tätigkeiten angenommen, z.B. als Installateur etc. Was sie von den Nicht-Roma-Gastarbeitern unterscheidet, ist der Umstand, dass sie relativ rasch versucht haben, aus den typischen Gastarbeiterberufen in selbständige Tätigkeiten zu wechseln oder sich zumindest neben einem Dienstverhältnis ein zweites, unternehmerisches Standbein zu schaffen. Die Bandbreite reicht dabei von Geschäftsgründungen – Gaststätten, u.a. auch eine Blumenhandlung – bis zum Altwarenhandel auf Flohmärkten. Die Tätigkeiten im Altwarenhandel, sei es mit eigenen Geschäften oder mit Ständen auf Flohmärkten, entsprechen alten "Roma-Tugenden", nämlich: All das, was die Gadže als unbrauchbar wegwerfen, wieder zu verwerten und zu Geld zu machen.

Dieser Drang zur Selbstständigkeit ist typisch für Kalderaš, die immer versuchen, eine zu große Abhängigkeit von den Gadže zu vermeiden. Das hat im Fall der österreichischen Kalderaš nicht nur Vorteile für diese selbst gebracht, sondern auch für die Mehrheitsbevölkerung. Da sie in ihrem Streben nach relativer Unabhängigkeit – wie alle Roma, immer schon – auf ökonomische Nischen angewiesen sind, sind die selbstständigen Tätigkeiten – ob Geschäftsgründungen oder in der Recycling-Wirtschaft am Flohmarkt – durchaus auch für die Allgemeinheit von Bedeutung.

Trotz dieser scheinbaren "Teilintegration" in die österreichische Gesellschaft, die sich auch im relativen Wohlstand der einzelnen Familien äußert, ist der Gruppenzusammenhalt gegeben. Die Kalderaš bilden ein "closed network" innerhalb der großstädtischen "open network society": Die Romani-Variante, der Kalderaš-Dialekt der einzelnen Gruppen in den verschiedensten Ländern ist erstaunlich homogen geblieben.

Die Soziostruktur der in Österreich ansässigen Kalderaš ist noch intakt. Der Gruppenzusammenhalt ist stark und grenzüberschreitend. Ein Kalderaš aus dem Ausland wird mit einem Fest (paæiv) empfangen und wie eine hoch gestellte Persönlichkeit behandelt. Finanzielle Überlegungen haben dabei keine Rolle zu spielen. Durch diese Tradition existiert für reisende Kalderaš in jedem Land sofort und ungeachtet vorheriger Kontakte ein funktionierendes soziales Netz, das durch Heiraten quer über die Grenzen noch intensiviert wird. Jede Familie hat dadurch einen guten Überblick über Aufenthalt und Reisen der Verwandtschaft im Ausland, was jederzeit gegenseitige Hilfeleistungen ermöglicht.

Die Festtradition ist, ebenso wie die Großfamilienstruktur, ungebrochen. Abàv (Hochzeiten), slava (Fest jeder Familie, am Tag eines bestimmten Heiligen), kris (Rechtszusammenkünfte unter Vorsitz der den höchsten Respekt genießenden Autoritätspersonen bei Streitigkeiten innerhalb der Gruppe) und pomane (Totenfeiern nach einer genauen Tradition in bestimmten Abständen bis ein Jahr nach dem Tod der betreffenden Person) werden unter großem Aufwand (200 Anwesende sind keine Seltenheit) traditionsgemäß gefeiert. Bemerkenswert ist die Offenheit der Kalderaš gegenüber Gadže. Kontakte zu den Nicht-Roma aus dem Bekanntenkreis werden sehr gepflegt, Arbeitskollegen und Freunde sind gern gesehene Gäste. Die Familienstrukturen (frühe Verheiratung der Jugendlichen, Brautpreis, Werbungsritual und strenge moralische Maßstäbe) sind nach wie vor stabil. Der Konservativismus hat, was die Verehelichungstraditionen betrifft, in den letzten Jahren eher noch zugenommen. Die Jugend führt die Traditionen kontinuierlich fort. Mischehen sind selten, da sich Roma, die Nicht-"Zigeuner" heiraten, an den Rand der Sozietät manövrieren.

Die österreichischen Kalderaš nehmen aktiv an öffentlichen Roma-Veranstaltungen teil, ihre Repräsentanten sind primäre Träger des Wiener Vereins Romano Centro (Obmann: Dragan Jevremoviæ). Da sie im Gegensatz zu den bisher behandelten Gruppen weniger negative Erfahrungen im Kontakt mit der Mehrheitsbevölkerung haben, sind sie "Nicht-Roma" gegenüber offen und aufgeschlossen. Diese positive Einstellung der Kalderaš war den Volksgruppenaktivitäten der letzten Jahre sicherlich förderlich und hat höchstwahrscheinlich auch dazu beigetragen, dass Mitglieder anderer Gruppen an den diversen kulturellen, sozialen und politischen Aktivitäten teilnehmen.
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